Es war mir eine Ehre….
… unter diesem Motto steht das Interview mit Heidi Damböck, die Pflegedirektorin der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH verlässt das Unternehmen nach zwölf Jahren am 01.10.2022.
Frau Damböck, Sie werden nach 12 Jahren als Pflegedirektorin in der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH, die in Garmisch-Partenkirchen, Peißenberg, Agatharied, Landsberg am Lech und künftig auch in Weilheim und Wolfratshausen Kliniken für Psychiatrie, Neuropsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik betreibt, durch Eintritt des Rentenalters eine neue berufliche Herausforderung antreten.
Ja, genau, ich werde künftig als Mitarbeiterin in der Leitstelle des Krisendienstes Oberbayern sowie als Teamleitung der gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung des Krisendienst Psychiatrie in Oberbayern mbH (GKP) für die AWF-Teams Bad Tölz und Miesbach an der Basis arbeiten.
Sie waren seit 2010 an den vier Standorten der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH tätig, wie würden Sie ganz spontan diese Zeit beschreiben?
Als ungeheuer bereichernd. Mir haben meine Aufgaben große Freude bereitet und wenn es auch immer mal wieder und vor allem auch zuletzt herausfordernde Zeiten gab, ich durfte viel lernen und gemeinsam mit meinen Teams haben wir es immer gut hinbekommen. Mich hat meine Tätigkeit persönlich wachsen lassen, beruflich und privat.
Was hat Ihnen denn insbesondere Spaß gemacht?
Die Pflege in der Psychiatrie ist ungeheuer vielfältig, es gibt so viele unterschiedliche Krankheitsbilder, kein Patient, kein Fall gleicht dem anderen. Die gute Zusammenarbeit der Pflegenden mit Ärzten, Psychologen und Therapeuten in einem multiprofessionellen und interdisziplinären Team ist einer von mehreren Faktoren, die ich nennen würde.
Sie waren für vier Standorte zuständig…
Genau, das war organisatorisch nicht immer ganz einfach, anfangs hieß es vor allem, die Organisationsstrukturen zu klären, es fanden Ablöseprozesse statt und einiges musste neu aufgebaut werden, der Start für mich persönlich war eine echte Herausforderung. Aber ich habe schon immer gern dazu gelernt und mich durch widrige Umstände nicht unterkriegen lassen.
Worauf haben Sie denn in Ihrer Tätigkeit besonderen Wert gelegt?
Von Anfang an bis heute war es mir eine Herzensangelegenheit, Übergriffe oder Gewalt auf den Stationen einzudämmen. Nicht nur unter den Patient/Innen, sondern auch gegenüber dem Pflegepersonal. Diese Vorgänge nicht zu tabuisieren, sondern sie transparent zu machen, anzusprechen, zu klären und mit geeigneten Mitteln und Methoden gegenzusteuern, das war eine meiner zentralen Aufgaben.
Was waren hier geeignete Methoden?
Beispielsweise dafür zu sorgen, dass die Mitarbeitenden ausreichend Zeit für jeden einzelnen Patienten hatten, um eine persönliche Beziehung und Vertrauen aufzubauen. Außerdem haben wir für jeden unserer Mitarbeitenden auf den Stationen Notfall-Pager (Personen-Notrufanlagen) angeschafft, damit sie jederzeit Hilfe anfordern und abrufen können. Begleitend wurden an allen Standorten kollegiale Ersthelfer ausgebildet und eingesetzt. Am Standort Landsberg am Lech wird zudem seit Jahren das Safewards-Konzept erfolgreich praktiziert. Aufgrund der positiven Erfahrungen setzen wir Safewards jetzt auch in Garmisch-Partenkirchen und Agatharied um.
Sie haben sich immer für Ihre Mitarbeitenden eingesetzt?
Das kann man sagen, ja, ich habe mich stets schützend vor sie gestellt und für sie eingesetzt, auch wenn es darum ging, familienfreundlichere Arbeitszeitverträge und -modelle umzusetzen. Flexible Arbeitszeiten wurden immer wichtiger, gemeinsam mit den Mitarbeitenden haben wir stets nach individuellen Lösungen gesucht. Mir waren eine gute Beziehung, ein gutes Arbeitsklima und Teamwork untereinander sehr wichtig. Auch Fort- und Weiterbildungen lagen mir am Herzen, wir haben zahlreiche Mitarbeitende erfolgreich aus- und weitergebildet, das wurde in den kbo-Lech-Mangfall Kliniken sehr gefördert und von den Mitarbeitenden entsprechend geschätzt.
Sie hatten demnach einen guten Draht zu Ihren gut 200 Mitarbeitenden?
Der Kontakt auf Augenhöhe war mir immer wichtig, die vertrauensvolle Zusammenarbeit, ein enger Austausch mit den Bereichsleitungen, aber auch mit allen anderen Mitarbeitenden. Es war ein aufrichtiges und wertschätzendes Miteinander. Aber auch der regelmäßige Kontakt zu den Pflegenden auf den Stationen war ein wichtiger Eckpfeiler einer erfolgreichen und angenehmen Arbeitsatmosphäre. Immer ging es darum, menschlich zu agieren und menschliche Lösungen für auftauchende Probleme zu finden.
Die vergangenen zwei Jahre haben diese persönlichen Kontakte stark eingeschränkt.
Während der Pandemie-Zeit fanden zwar Online-Besprechungen statt, aber der persönliche Austausch hat mir gefehlt. Insofern waren die letzten beiden Jahre nochmals eine besondere Herausforderung für mich, aber vor allem auch für meine Teams. Überhaupt waren die Arbeitsbedingungen mit Masken, Abstandhalten, Tests und dem Einhalten der Hygienevorschriften eine besondere Belastung vor allem für die Mitarbeitenden auf den Stationen.
Hinzu kam der eklatante Fachkräftemangel.
Richtig, auch hier waren wir in hohem Maße gefordert. Das hat uns alle immer wieder bis zuletzt vor kaum lösbare Problem gestellt, hinzu kamen ja auch die unkalkulierbaren Personal-Ausfälle aufgrund der Pandemie.
Gibt es rückblickend das eine oder andere Ereignis, das für Sie besonders einprägsam war?
Da gibt es sicher einige, aber woran ich mich tatsächlich immer wieder gern erinnere, ist der mehrwöchige Einsatz von Bundeswehrsoldaten auf der Geronto-Station in unserer Klinik in Agatharied. Soldaten der Gebirgsjäger haben uns in einer besonders schweren Phase der Pandemie ausgeholfen und in allen Schichten unsere Teams verstärkt. Dass in der Pflege vollkommen unerfahrene, junge Soldaten eine derart positive Bereicherung sein könnten, das haben wir alle nicht für möglich gehalten.
Sie haben sich immer wieder wie auch hier gegen manche Vorbehalte und Widerstände durchgesetzt.
Ja, so kann man das wohl sagen, es gab in der Tat immer wieder kritische Stimmen bei allen möglichen Themen. Überhaupt bin ich über all die Jahre hinweg bei Bedarf immer auch unkonventionelle Wege gegangen. Mut war und ist eine meiner wichtigen Stärken, gerade auch in meiner Tätigkeit als Pflegedirektorin. Immer nach dem Motto: Den Mutigen gehört die (Psychiatrie-)Welt. Nur wenn man sich etwas traut, kann man auch etwas bewegen. Dass dabei auch mal Fehler passieren, muss erlaubt sein.
Mut war eine wichtige Eigenschaft in Ihrem Job, welche gehörten noch dazu?
Empathie, gut zuhören und sich selbst zurücknehmen können und Belastbarkeit. Aber auch die Fähigkeit, klare Entscheidungen zu treffen oder auch mal auf den Tisch zu hauen, wenn es nötig ist. Und ein gewisser Zweck-Optimismus ist auch von Vorteil. Meine Haltung ist immer die: es wird gut ausgehen. Und so war es denn auch.
Was hat sich im Laufe der 12 Jahre, die Sie in den kbo-Lech-Mangfall-Kliniken im Einsatz waren, verändert?
Eine positive Entwicklung – zu der übrigens auch die Pandemie beigetragen hat- ist die Erweiterung der digitalen und EDV-Möglichkeiten wie beispielsweise online-Treffen oder die digitale Patienten Fieberkurve sowie die Bereitstellung der Hard- und Software. Diese Entwicklung hätte sich vor drei Jahren wohl kaum jemand vorstellen können, sie trägt ja auch ganz maßgeblich zur Einsparung von Ressourcen bei. Die zunehmende Dokumentationspflicht und der überbordende Bürokratismus im Allgemeinen sind hingegen keine so erfreuliche Entwicklung und erfordern immer mehr Zeit, die letztendlich zu Lasten der Patientenbehandlung und -betreuung geht.
Sie haben immer viel Wert auf Fort- und Weiterbildungsangebote für die Pflege gelegt.
Weiterqualifikation habe ich mir in der Tat auf die Fahnen geschrieben, wir haben zahlreiche moderne Behandlungsangebote in unser Repertoire aufgenommen. Gleichzeitig haben wir einer stattlichen Anzahl von Mitarbeitenden ermöglicht, sich zu Fachkrankenschwestern und -pflegern für Psychiatrie sowie zu Stationsleitungen höher und weiter zu qualifizieren. Dass wir nie kurzfristig an den Arbeitsausfall, sondern immer mittel- und langfristig gedacht haben, hat sich ausgezahlt: unsere Mitarbeitenden bleiben den kbo-Lech-Mangfall-Kliniken überdurchschnittlich lang treu. Es ist eben wie überall im Leben ein Geben und ein Nehmen.
Sie bleiben, wie erwähnt, beim Bezirk Oberbayern, werden Sie mehr Freizeit haben?
Ein wenig, aber da ich schon immer im Hier und Jetzt lebe und Pläne, Träume und Hobbys immer schon gelebt habe, macht das für mich keinen so großen Unterschied. So bin ich auch in den vergangenen Jahren immer wieder in die Ferne gereist. Nächstes Jahr plane ich eine Tauch-Safari auf den Philippinen. Aber das wichtigste Hobby sind meine Freunde. Meine Lebensdevise lautet: setze um, was Du möchtest, und zwar nicht erst morgen oder übermorgen, sondern jetzt und täglich.
Frau Damböck, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen für die Zukunft und Ihre neuen Tätigkeiten alles Gute!
Das Gespräch führte Barbara Falkenberg
Foto:©Heidi Damböck, privat