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Psychoedukation

Die Psychoedukation hat zum Ziel, die Patienten über Krankheit und die Behandlung zu informieren, das Krankheitsverständnis und den selbstverantwortlichen Umgang mit der Krankheit zu fördern und sie bei der Krankheitsbewältigung zu unterstützen.

Es geht einerseits um Informationsvermittlung und andererseits um eine emotionale Entlastung.

Informationsvermittlung

  • Krankheitssymptome und Diagnose
  • Ursachenerklärung
  • Akut- und Langzeittherapiemöglichkeiten (medikamentöse, psychotherapeutische und soziotherapeutische Maßnahmen)
  • Selbsthilfestrategien (Gesundheitsverhalten, Früherkennung, Krisenmanagement).

emotionalen Entlastung 

  • Umgang mit Ängsten, die die Krankheit betreffen.
  • Verarbeitung der Erkrankung und deren Einfluss auf die Lebensperspektive.
  • Entlastung von Schuld- und Versagensgefühlen.
  • Einordnen des eigenen Krankheitsschicksals.
  • Erfahrungsaustausch mit anderen.
  • Entwicklung von Mut und Perspektive.

Der Einblick in die Ursachen und Wirkungen der eigenen Krankheit („individuelles Krankheitsmodell“), sowie Verständnis für Zusammenhänge wirken sich häufig positiv auf die Behandlung und den weiteren Krankheitsverlauf aus. Das Rückfallrisiko kann dadurch gesenkt werden und die Patienten fühlen sich weniger hilflos. Der offene Austausch unter Betroffenen ist eine wichtige Erfahrung in Umgang mit der Erkrankung. Die Kooperation zwischen Arzt und Patient und die Akzeptanz gegenüber den Medikamenten können gefördert werden. Ebenso werden eigene Möglichkeiten Rückfälle zu vermeiden und selbst langfristig zur eigenen Gesundheit beizutragen kennengelernt. Durch Hilfe zur Selbsthilfe kann die Fähigkeit mit Belastungen umzugehen und das Krisenmanagement verbessern gefördert werden.

Behandlungsprogramm

Dieses Programm wird in Gruppenform durchgeführt und ist auch für ambulante Patienten offen.
Das Programm besteht aus verschiedenen Elementen, die nach Absprache auch einzeln in Anspruch genommen werden können:

Edukation

Die Verhaltensweisen, die eine Depression mitbedingen und sie aufrechterhalten können, werden analysiert. Es werden Verhaltensalternativen besprochen und geübt.

Gesprächsgruppe

Die Teilnehmer haben Gelegenheit, ihre persönliche Situation, ihre Fragen und ihre gefundenen Lösungen zu thematisieren, sich untereinander und mit einem Therapeuten darüber auszutauschen.

Medikation

Wir bieten unseren Patienten in den meisten Fällen eine medikamentöse Behandlung an. Wie diese Medikamente wirken, und was dabei zu beachten ist, wird hier ausführlich mit einem Arzt unserer Klinik besprochen.

Entspannung

Hier lernen die Teilnehmer Ruhe zu finden und „abzuschalten“.

Ein verhaltenstherapeutisches Programm zur Förderung des Krankheitsverständnisses und zur Rezidivprophylaxe
(orientiert an den Konzepten von Kieserg & Hornung, Bäuml, Behrendt)

Was ist Psychoedukation?

„... eine verhaltenstherapeutische Variante von Psychotherapie im weiteren Sinne. Sie fokusiert v.a. die Problembewältigungsperspektive und zielt darauf ab, zum Verstehen und zur Verarbeitung des Krankheitsgeschehens beizutragen, Ängste zu reduzieren, ein positives Selbstbild zu fördern und die Autonomie der Betroffenen zu stärken. Notwendige Bestandteile sind die Erarbeitung eines gemeinsamen Krankheitskonzeptes sowie die gezielte Förderung der Selbsthilfe- und Bewältigungskompetenzen der Betroffenen im Umgang mit ihrer Verletzlichkeit bzw. Erkrankung.“ (Wienberg 1992, S. 200)

Worum geht`s also?

Unserem Gruppenprogramm liegt ein multidimensionales Modell der Schizophrenie zugrunde, orientiert am Diathese-Stress-Modell. Die Wechselwirkung zwischen somatischen Faktoren, also dem Krankheitsgeschehen im engeren Sinn, und psychosozialen Einflüssen haben eine tragende Rolle für den Krankheitsverlauf nach der ersten schizophrenen Episode. Demnach ist die Entwicklung des Krankheitsgeschehens u.a. auch davon abhängig, welche Vorstellung die Patienten von ihrer Störung haben, wie sie ihrer Behandlung (medikamentöse und nichtmedikamentöse Ansätze) akzeptieren, welche Fähigkeiten und Ressourcen ihnen im Umgang mit Belastungen und Krisen zur Verfügung stehen. Der psychoedukative Ansatz stellt somit ein Bindeglied zwischen medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung dar, einen Ansatz für eine gemeinsame Sprache von Patienten und Therapeuten sowie einer Förderung der Mitbestimmung und Mitverantwortung der Betroffenen in der Behandlung auf der Basis von fundiertem Wissen über die eigenen Erkrankung.
Ziel ist daher v.a. Krankheitsaufklärung: Also neben der Erarbeitung eines angemessenen Krankheitsverständnisses und der Rückfallprävention, der Aufbau spezieller Fertigkeiten und Einstellungen im Bereich der Krankheitsbewältigung und dem Umgang mit Belastungen und Krisen. Auf diese Weise können Häufigkeit und Schwere psychotischer Rückfälle, lange stationäre Aufenthalte und nicht zuletzt die emotionale Belastung reduziert werden.
Methodisch greifen hierfür die ausführliche Vermittlung von Informationen zur Erkrankung, die Möglichkeit zur Selbstbeobachtung und der gegenseitige Austausch subjektiver Erfahrungen der Patienten ineinander. Die Betroffenen sollen den Raum haben, sich mit ihrer Erkrankung, deren Behandlung und den eigenen Einflussmöglichkeiten auseinander zusetzen, ihren bisherigen Bewältigungsstil kennen- und möglicherweise modifizieren zu lernen. Aus dieser Perspektive werden die Patienten als „Experten ihrer Erkrankung“ im Sinne von Böker (1991) gesehen, die Unterstützung in Anspruch nehmen, um sich zur Selbsthilfe anregen zu lassen.


Für welche Patienten ist die Gruppe gedacht?

  • Patienten mit schizophrenen oder schizoaffektiven Störungen
  • Remittierende Patienten
  • Ersterkrankte
  • Patienten mit skeptischer Haltung gegenüber der Diagnose 

Warum Gruppenprogramm und keine Einzelbehandlung?

Die Gruppensituation bietet gegenüber einer Einzelbehandlung die folgenden
wesentlichen Vorteile:

  • Die Betroffenen können die Erfahrung machen, mit ihrem Problem nicht alleine zu sein („Was, das hast Du auch erlebt?“)
  • Eigene Erfahrungen mit ungünstigen Bewältigungsversuchen können eingebracht werden. („Ich wollte nicht von Medikamenten abhängig sein, deshalb habe ich sie zu Hause sofort abgesetzt, nach einer Woche ging es mir wieder ganz schlecht...“)
  • Die Gruppenteilnehmer erleben Solidarität und Zusammenhalt mit betroffenen
    Mitpatienten
  • Gerade im Hinblick auf günstige Bewältigungsstrategien können sich die Teilnehmer gegenseitig Modell sein

Wie sind die Gruppen inhaltlich genau aufgebaut?

Vermittlung von Informationen über die Erkrankung und Erarbeitung eines Krankheitskonzepts

  • Information über mögliche Symptome
  • Information über Entstehungsbedingungen und Ursachen, Vermittlung des
    Vulnerabilitäts-Stress-Modells
  • Information über Häufigkeit der Erkrankung, Verlauf und Prognose

Behandlungsmöglichkeiten

  • Nichtmedikamentöse Behandlungsansätze
  • Medikamentöse Behandlung: Wirkweisen und Nebenwirkungen (v.a.) der
    Neuroleptika, Umgang mit Nebenwirkungen
  • Probleme in der individuelle Medikation (Selbstbeobachtung)
  • Optimierung der Einnahmepraxis

Rezidivprophylaxe

  • Stressbewältigung: allgemeine wichtige Informationen über Stress, Erkennen
    individueller Stressfaktoren und Erarbeitung von Bewältigungsstrategien
  • Problemlösestrategien
  • Erkennen von und Umgang mit Frühsymptomen
  • Entwurf individueller Krisenpläne
  • Umgang mit anhaltenden Symptomen

Rahmenbedingungen

Die Gruppe findet zweimal wöchentlich statt, sie ist offen, d.h.ein Einstieg zu einem beliebigen Zeitpunkt und eine ambulante Fortführung der Gruppenteilnahme ist möglich.
Die Patienten erhalten Arbeitsblätter und Informationsmaterial, um sich über die Gruppensitzungen hinaus vertiefend mit den Inhalten beschäftigen zu können.

Fotoquelle (Header): ©riccardo bresciani/pexels.com